Du warst zwar nicht immer die gleiche Person, aber du warst zum Glück immer irgendwie da. Schon damals, als wir die Zeit noch mit pinken Beschäftigungen füllten, die ein Heer an Marketingmenschen als geeignet für uns bestimmte und wir mit der sorgfältigsten Schönschrift die ersten Seiten unserer Freundschaftsbücher eröffneten. Damals, als unser, durch die fühlbar rigiden Geschlechterzwänge gekeimter Zorn, in einem wochenlangen Streit über den gestohlenen grasgrünen Stabilo hochging.
Weisst du noch?
Ich bin so froh, haben wir uns immer wieder verziehen und schlussendlich – im C&A Plastikohrringe klauend und nachts in einsame Einkaufspassagen pinkelnd – rausgefunden, dass es mehr Spass macht, die Regeln selbst zu machen als sich daran zu halten.
Gemeinsam mit dir hab ich die Erfahrung gemacht, dass Aussehen, egal was Mami sagt, halt doch eine Rolle spielt, als das Profil mit dem symmetrisch, hübschen Gesicht, das niemandem von uns gehörte, an einem Tag mehr Date-Einladungen bekam, als wir in unserer gesamten Jugend.
Und wir standen beieinander, als wir das erste Mal spürten, wie unangenehm schamvoll sich sexuelle Belästigung anfühlt.
Leider hatten wir damals all die fabelhaften Worte noch nicht, die wir später im Feminismus fanden. Aber als wir am Plastikcampingtisch sassen und ich nach unten blickend sagt, ich hätte wohl falsche Zeichen ausgesendet und du dann riefst: «So ein Risenarsch!», passierte etwas Wichtiges. Wir installierten den Grundpfeiler unserer Realitätschecks: Ein gegenseitiges Anerkennen und Einordnen dieses ekligen, schwer zu fassenden Unbehagens, das uns befällt, wenn das Patriarchat uns breitbeinig die Luft und das Wort abschneidet, uns glauben lässt, dünner, kleiner, unsichtbarer werden zu müssen.
Gemeinsam durchschauen wir so immer wieder Machtverhältnisse, schärfen unsere Analysen, lecken unsere Wunden, kreieren Strategien, feiern unsere Kämpfe. Wir beissen uns fest in der Glaubwürdigkeit unserer eigenen Erfahrungen und gigelen über die Hohlheit derjenigen Köpfe, die über ihre eigene Scheisse stolpern. Zusammen wird es leichter und was wir lernen, verknüpft sich zu tragenden Netzen, die dann da sind. Wie du. Da, wenn irgendein Genosse seine Privilegien nicht ansatzweise checkt, da in den langen Diskussionen mit herzenslieben Partnern, die immer noch darauf bestehen, dass ihre Putz-Abneigung halt Geschmackssache sei. Da, in Gesprächen mit Ärzt*innen, die sagen, unsere Schmerzen seien normal, wir sollten uns doch entspannen und genügend Wasser trinken. Da, an den depressionstrunkenen Tagen und in den federleichten Nächten. Glücklicherweise, erfreulicherweise, notwendigerweise. Denn, was würde ich nur ohne machen? Darum: Danke, danke, danke!
Danke für die stürmischen Zeiten, das Tanzen, die Dekonstruktion. Danke für Wärme statt Coolness, danke für den Mut, danke für den langen Weg. Danke, sprechen wir inzwischen über Selbstbefriedigung und all die Themen, die in katholischen Käffern als unaussprechbar irgendwo in uns schamrot verschanzt wurden. Danke für Meisterinnenstreiche, danke fürs gemeinsame Scheitern. Danke für fäggige Praxis und haarscharfe Biertheorie. Danke für das Vergangene, danke für das Kommende, danke für die Freundschaft.